Beschreibung
Ein kühnes Meisterwerk - Don DeLillos großer Roman über den 11. SeptemberNew York am 11. September. Eine Stadt in Asche und Rauch. In eindringlichen Bildern zeichnet Don DeLillo den Ablauf der Ereignisse nach: von den Tätern zu den Opfern, von Hamburg nach New York. Und erzählt dabei das Leben einer Familie - die berührende Geschichte einer Liebe, den Alltag nach der Katastrophe .
Autorenportrait
Don DeLillo, 1936 in New York geboren, hat ein umfangreiches erzählerisches Werk vorgelegt, für das er mit dem National Book Award, dem PEN/Faulkner Award for Fiction, dem Jerusalem Prize und der William Dean Howells Medal from the American Academy of Arts and Letters ausgezeichnet wurde. Sein monumentales Romanepos "Unterwelt" wurde als eines der bedeutendsten literarischen Ereignisse des ausgehenden 20. Jahrhunderts weltweit gefeiert. Don DeLillo lebt in New York.
Leseprobe
Es war keine Strasse mehr, sondern eine Welt, Zeit und Raum aus fallender Asche und nahezu Nacht. Er ging nordwärts durch Trümmer und Schlamm, und Menschen rannten an ihm vorbei, hielten sich Handtücher ans Gesicht oder Jacken über den Kopf. Sie hatten Taschentücher auf den Mund gepresst. Sie hatten Schuhe in den Händen, eine Frau mit einem Schuh in jeder Hand, rannten an ihm vorbei. Sie rannten und fielen, einige von ihnen, verwirrt und unbeholfen, überall kamen Trümmerbrocken herunter, und Menschen suchten unter Autos Schutz.Das Röhren hing immer noch in der Luft, das Bersten und Rumpeln des Einsturzes. Das war jetzt die Welt. Qualm und Asche kamen die Straße entlanggewalzt und um die Ecken, stoben um die Ecken, seismische Qualmfluten und vorbeizischendes Schreibpapier, Normblätter mit scharfen Kanten, vorbeistreichend, -peitschend, anderweltliche Dinge im Sarg dieses Morgens.Er trug einen Anzug, hatte eine Aktentasche in der Hand. Glas in seinen Haaren und im Gesicht, marmorierte Beulen aus Blut und Licht. Er ging an einem Breakfast-Special-Schild vorbei, und sie kamen rennend auf ihn zu, rennende Cops und Wachmänner, die Hände fest auf die Pistolengriffe gepresst, damit die Waffen stecken blieben.Die Dinge waren fern und still dort drin, wo er hätte sein sollen. Es geschah überall, ein Auto halb unter Schutt und Asche begraben, zerborstene Fenster, aus denen Geräusche drangen, Funkstimmen, die an den Trümmern kratzten. Er sah Menschen, von denen beim Rennen das Wasser stob, Kleider und Körper durchnässt von den Sprinkleranlagen. Weggeworfene Schuhe auf der Straße, Handtaschen und Laptops, ein Mann saß auf dem Bürgersteig und spuckte Blut. Pappbecher kamen seltsam vorbeigehüpft.Auch das war die Welt, an Fenstern in dreihundert Meter Höhe Gestalten, die in den leeren Raum fielen, und der Gestank von brennendem Kerosin und das stetige Gellen von Sirenen in der Luft. Der Lärm lag überall, wo sie hinrannten, Geräuschschichten stapelten sich, und er ging davon weg und zugleich hinein.Dann war da noch etwas Anderes, außerhalb all dessen, was nicht dazugehörte, hoch oben. Er sah zu, wie es herunterkam. Ein Hemd kam herunter aus dem hohen Qualm, ein Hemd, emporgeweht und im spärlichen Licht treibend und dann wieder abwärtsstürzend, auf den Fluss zu.Sie rannten, und dann blieben sie stehen, einige von ihnen, standen schwankend da und versuchten, Atem zu holen aus der brennenden Luft, und die anfallartigen, ungläubigen Schreie, Flüche und verlorenen Rufe und das Papier, das sich in der Luft ansammelte, vorbeifliegende Verträge, Lebensläufe, intakte Fetzen Geschäftsleben, rasch im Wind.Er ging immer weiter. Da waren Jogger stehengeblieben, andere bogen in Seitenstraßen ab. Einige liefen rückwärts, den Blick auf den Mittelpunkt gerichtet, all die sich windenden Leben dort hinten, und unablässig fielen Dinge herunter, brennende Gegenstände mit Feuerschweif.Er sah zwei Frauen rückwärts taumeln, die schluchzend an ihm vorbeistarrten, beide in Laufshorts, und ihre Gesichter brachen zusammen.Er sah Mitglieder der Tai-Chi-Gruppe aus dem Park in der Nähe, mit ausgestreckten Händen ungefähr in Brusthöhe standen sie da, die Ellbogen gebeugt, als könnte man all dies, auch sie, vorübergehend außer Kraft setzen.Jemand kam aus einem Diner und wollte ihm eine Flasche Wasser geben. Es war eine Frau mit Mundschutz und Basecap, und sie zog die Flasche wieder zurück und drehte den Verschluss ab und stieß sie ihm dann wieder entgegen. Er setzte die Aktentasche ab, um die Flasche zu nehmen, halb bewusst, dass er den linken Arm nicht benutzte, dass er die Tasche absetzen musste, bevor er die Flasche nehmen konnte. Drei Polizeitransporter schlingerten um die Ecke und rasten mit heulenden Sirenen downtown. Er schloss die Augen und trank, spürte, wie das Wasser in seinen Körper drang und Staub und Ruß hinabspülte. Die Frau sah ihn an. Sie sagte etwas, das er nicht hörte, und er reichte ihr die Flasche zurück und nahm die Aktentasche. In dem langen Schluck Was