Beschreibung
An einem launigen Spätsommermorgen begegnen wir dem Richter von Unna, folgen ihm durch seinen auf den Säulen von Routine und Respekt errichteten Alltag. Beiläufig enthüllt sich, wie der Blick eines an Macht gewöhnten Mannes die Welt kategorisiert. Wie er sich anmaßt, der Maßstab zu sein. Frisches Blut, Der Richter von Unna, Die Huren von Hagen und weitere Geschichten: Gercke entführt mit ihren Kriminalstorys in die Wirklichkeit von Tätern und Opfern, von Betrügern, Randständigen und Outlaws aller Couleur. Wir erleben die Sicherheit der Sieger und schlüpfen in die Haut von Menschen, die Unauffälligkeit brauchen wie die Luft zum Atmen und deren Moral nicht die der Aufgehobenen ist. Doris Gercke zeigt sich als erbarmungslos ehrliche Chronistin mit frugaler, fein justierter Ästhetik und leisem Galgenhumor. Lakonisch, voll scheinbarer Ruhe und Gelassenheit eröffnet sie Szenarien, die Widerhaken im Kopf hinterlassen. Mal episch, mal bissig, mal ganz nüchtern zeigt sie Menschen, die ihre Geschichte nicht aus freien Stücken, aber selber machen. Jede ihrer Erzählungen ist wie ein Film, das Ende meist noir. Es sind Facetten eines großen Gegenwartspanoramas ohne Optimismus, aber wahr und voller Leben.
Autorenportrait
Doris Gercke, 1937 in Greifswald geboren, lebte schon mehrere Leben (Tochter einer Arbeiterfamilie, Sekretärin, Hausfrau und junge Mutter, Begabtenabiturientin und Jurastudentin), ehe sie sich in den 1980ern der politischen Kriminalliteratur zuwandte. Als Schöpferin der weit über Deutschland hinaus berühmten unangepassten und handgreiflichen Ermittlerin Bella Block schrieb sie Literaturgeschichte, sägte mit ihren düsteren, kritischen Romanen an der Erzählhoheit im Genre. 'Für mich ist Krimi eine Kunstform. Kunst hat etwas mit Abbildung von Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit zu tun. Je wahrhaftiger ein Krimi ist, desto besser finde ich ihn.' Sie ist vielfältig politisch engagiert und lebt in und bei Hamburg.