Beschreibung
Die autonome Kunst der Moderne setzte auf Differenzerfahrung: das Kunstwerk als das Andere, Außeralltägliche, das verwirrt, aufrüttelt und bestenfalls zu Korrekturen am Entwurf von Selbst und Gesellschaft anregt. Doch in den letzten Jahren haben neue Formen des Umgangs mit Kunst international an Dominanz gewonnen: Viele Betrachter erwarten Verbindendes und Gemeinschaftsbildendes. Sie wünschen sich Bestärkung und Unterstützung, kurz: Identifikation und Empowerment. Immer häufiger verknüpft sich Kunst mit politischen, aktivistischen und auch konsumistischen Anliegen. Wird die Kunst so zum bloßen Energieriegel für den leichten Verzehr zwischendurch - oder doch zur Wegbereiterin einer gerechteren Gesellschaft? Und wer verteidigt noch die Autonomie der Kunst? Wolfgang Ullrich schärft das post-autonome Profil und führt die historisch vielleicht gar nicht so neue Kunst an die Triggerpunkte des gesellschaftlichen Diskurses: Debatten um die Documenta und kulturelle Aneignung, den Protest der Letzten Generation und die Sozialen Medien im Spannungsfeld von Bekenntnisdrang und Polarisierung.
Autorenportrait
Wolfgang Ullrich, 1967 geboren, lebt als Kunstwissenschaftler und freier Autor in Leipzig. Seit 1998 veröffentlichte er im Wagenbach Verlag 15 Bücher, darunter 'Uta von Naumburg', 'Tiefer hängen', 'Siegerkunst' und 'Selfies'. Er ist Mitherausgeber der Reihe DIGITALE BILDKULTUREN. Sein programmatisches Buch 'Die Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie' (2022) fand viel Zustimmung und stieß auf heftigen Widerspruch.