Beschreibung
Sie entschied sich gegen die Liebe - und für ihre Berufung Eine faszinierende, widersprüchliche und mutige Frau geht ihren Weg in der Wissenschaft und in der Liebe. Sie war die Herrin der Sternenkarten: Der außergewöhnliche Lebensweg der Astronomin Elisabeth Hevelius (1647 - 1693). Um sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen - der Erforschung der Sterne -, heiratet die junge Elisabeth Koopmann 1663 den bekannten Danziger Astronomen Johannes Hevelius. Doch zugleich ist sie nicht bereit, die Beziehung zu ihrem Geliebten Marek endgültig aufzugeben. Die verbotene Liebe droht ihre Familie zu zerstören, während ihr wissenschaftlicher Erfolg böswillige Neider hervorruft. Doch ihr Mut und ihre innere Stärke lassen Elisabeth nicht aufgeben - bis sie als Zeichnerin der ersten genauen Mondkarten in die Geschichte eingeht!
Leseprobe
26. SEPTEMBER 1679, NACHTS In dem Moment, als Elisabeth das Feuer entdeckte, schrie auch schon jemand von irgendwoher: "Die Sternenburg brennt!" Dichter Qualm stieg aus den oberen Fenstern des Hauses Pfefferstadt 15, des größten Gebäudes in Danzig, bedeutender als das Rathaus oder die riesigen Kornspeicher, berühmter sogar als die nahe gelegene Katharinenkirche. Die umliegenden Gassen waren binnen Augenblicken ein einziges Durcheinander aus Leibern und Geschrei. Mütter zogen ihre Kinder wie Gegenstände hinter sich her, Alte stolperten aus Hauseingängen und fielen auf das Pflaster, Männer hasteten mit Geldkassetten davon, vornehme Frauen trugen Berge von Kleidern und Schmuck mit sich. Ein paar Jüngere und ein halbes Dutzend Halbbetrunkene aus den Schänken bildeten eine Kette und schafften mehr schlecht als recht Wasser aus einem Brunnen herbei, wobei manche lachten und andere es sich anders überlegten und wegrannten. Wo ein halb voller Eimer das Ziel erreichte, klatschte das Nass wahllos ins Erdgeschoss des Hauses, dorthin, wo es gar nicht brannte. Inmitten des Lärmens der Welt stand Elisabeth vor dem brennenden Haus wie eine einzelne reglose Ameise in einem wirren Haufen. Er beobachtete sie, eine Frau Anfang dreißig. Sie zog ihre Kapuze herunter, die offenen Haare schimmerten rötlich im Widerschein des Feuers. Was ihr Heim war, was sie mit erschaffen hatte, wofür sie seit mehr als fünfzehn Jahren gelitten und gekämpft hatte, das größte Observatorium Europas, die Sternenburg, stand in Flammen. Im Vorbeilaufen stießen Fliehende sie an, alle schrien und stöhnten, sie jedoch war stumm und starr. Die Dinge geschahen ohne sie. Den Kopf in den Nacken gelegt wie schon unzählbare Male zuvor, wie in Tausenden wacher Nächte, als sie allein mit einem Brot, einer Tasse Tee und dem "Auge Gottes" auf der Sternenburg saß und hinaufblickte, schien sie in einer anderen Welt als die anderen Menschen zu leben, eine Insel im Wind. Er konnte nicht anders, als sie zu bewundern - obwohl ihre letzte Begegnung nicht gerade freundlich verlaufen war. Überhaupt war das ganze Haus, die Sternenburg und seine Bewohner, in den letzten Wochen in Aufruhr gewesen. Zu viele schlechte Gefühle - Misstrauen, Eifersucht, Neid und simple Boshaftigkeit - hatten sich wie eine Pestilenz hinter jenen Fenstern ausgebreitet, die nun den schwarzen Rauch in den Nachthimmel schickten. Und er hatte ungewollt dazu beigetragen, ja, vielleicht den letzten Grund für diese Katastrophe geliefert. Wer war es, wer hatte den Brand gelegt? Elisabeth erwachte aus ihrer Versunkenheit, zurückgeholt von panischen Schreien im Haus. Er folgte ihrem Blick. Zuerst glaubte er an eine Täuschung, aber dann sah er den Umriss eines Menschen hinter dem Fenster. Er hatte angenommen, dass alle das Haus rechtzeitig verlassen konnten, denn so weit oben gab es weder Zimmer für die Dienerschaft noch für die Herrschaft. "Ein Laken", schrie einer der Helfer, der ebenfalls den gespensterhaften Schatten bemerkt hatte. "Jemand soll schnell ein Betttuch bringen!" "Hemma", murmelte er, und seine Gedanken überschlugen sich. Wieso war die alte Hemma nicht die Treppe nach unten gegangen, sondern hinauf? Und wenn sie beim Ausbruch des Feuers bereits so weit oben gewesen sein sollte, nahe dem Observatorium, was hatte sie dort zu suchen gehabt, noch dazu bei nachtschlafender Zeit? Hatte Hemma den Brand gelegt? Dieser Verdacht schien ihm völlig selbstverständlich zu sein, etwas absolut Naheliegendes. Oder war sie - im Gegenteil - das eigentliche Ziel des Brandes? Hemmas Schatten wankte. Sie stieg, umgeben von Qualm, auf den Fenstersims. Keine Regung in Elisabeths Gesicht verriet ihre Gedanken, und gerade das verriet ihre Gedanken. Sie empfand kein Mitleid. Zu viel hatte diese Frau ihr angetan. Dann aber, nur einen Lidschlag später, zuckte Elisabeth entsetzt zusammen. Hemmas Körper verwandelte sich in eine Fackel, kippte langsam nach vorn - und schlug nur wenige Meter vor Elisabeth auf. Das dumpfe Geräu Leseprobe