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Als Engländer maskiert

Ein Gespräch mit Jutta Krug über das Exil

Erschienen am 03.11.2008
Auch erhältlich als:
7,50 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442738557
Sprache: Deutsch
Umfang: 117 S.
Format (T/L/B): 1.2 x 18.8 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Im Londoner Exil hatte Haffner 1939 seine "Geschichte eines Deutschen" niedergeschrieben. 50 Jahre später besucht die junge Journalistin Jutta Krug den damals über 80-jährigen Autor und spricht mit ihm über sein Leben in Berlin und seine Zeit im Exil. Er erzählt von seinen Gründen, Deutschland zu verlassen, und dem Weg, den er dazu wählte, bis hin zu den Schwierigkeiten, die er zunächst in England hatte. Entstanden ist nicht nur der spannende, persönliche Bericht eines Lebens, sondern ein wichtiges Zeitdokument.

Leseprobe

Eine freundliche weiße Schneeschicht hatte sich über das graue Berlin gelegt an diesem 19. Februar 1989. Es war ein sehr englischer Nachmittag, den ich mit Sebastian Haffner verbrachte. Höflich, distinguiert empfing er mich zum Tee, ganz in der Würde des über Achtzigjährigen, in dessen Leben sich die Ereignisse des 20. Jahrhunderts eingeschrieben hatten. Um ein Kapitel aus diesem so bewegten Leben sollte es bei unserem Gespräch gehen. Der konzentrierte, intelligente Plauderton, den Haffner so gut beherrschte, nahm auch mich sofort gefangen. Mir schien, als wäre jeder Blick von ihm aus dem Fenster seiner Dahlemer Wohnung ein Blick zurück - auf das Berlin der dreißiger Jahre, auf die Emigration und sein Leben in England während des Krieges. Er hatte versucht, den Engländern Deutschland zu erklären - zu einer Zeit, als er es wahrscheinlich selbst nicht mehr so ganz verstand. Ich hatte es mir schwieriger vorgestellt, Haffner zu einem Interview zu bewegen, das noch nicht einmal publiziert werden sollte. Es mußte ihm wohl recht seltsam erscheinen, daß eine Studentin aus München anreist, um mit ihm über das Exil zu sprechen und darüber eine Diplomarbeit zu schreiben. Über Jahre und Jahrzehnte hatte sich kaum jemand für diese Zeit interessiert. Als Haffner längst wieder in Deutschland lebte und zu einem der einflußreichsten Meinungsmacher avanciert war, ging es um ganz andere Dinge: Westintegration, Mauerbau, Kuba-Krise, »Spiegel«-Affäre. Auf den wichtigsten Foren der bundesdeutschen Öffentlichkeit meldete sich Haffner zu Wort. Den gesellschaftlichen Aufbruch der späten sechziger Jahre hatte er mit vorbereitet; gleichzeitig ließ ihn aber die Geschichte nicht los. Sei es mit seinen »Stern«-Kolumnen oder mit den historischen Büchern - sein Anliegen war: Deutschland erklären - diesmal den Deutschen selbst. Als ich ihn traf, hatte Haffner neben seinem englischen schon längst wieder einen deutschen Paß in der Tasche. Aber in seinem Schreiben über Geschichte blieb er ganz Engländer: nicht akademisch-steif, sondern essayistisch thesenhaft, »auf eine Pointe hin« - wie er selbst sagte -, oft provokant, immer auf der Suche nach einer originellen Perspektive. Doch durch meine Diplomarbeit war Haffner nun selbst Gegenstand geschichtlichen Interesses: In englischen Archiven hatte ich nach seinen Artikeln aus der Londoner Zeit gesucht, wollte wissen, was ihn damals bewegte, wie er über Deutschland dachte und wie er als Emigrant politisch Einfluß nahm. Das Gespräch mit ihm sollte nach den Methoden der »oral history« ausgewertet werden. Ich wollte einen Beitrag zur Exilforschung leisten, die große Defizite aufwies. Mein Interview-Wunsch und mein Quellenstudium in England, mein Anliegen, sein Exil zu dokumentieren und damit festzuhalten, was noch festzuhalten war - das könnte für Haffner ein klein bißchen Genugtuung gewesen sein. Gezeigt hat er es nicht. Als ich nach fast drei Stunden das sechste Tonband einfädelte, ging unsere Zeitreise langsam zu Ende. Dämmerung machte sich breit in diesem Raum, der mit seinen Büchern, Teppichen und dem Wintergarten etwas Zeit- loses hatte. Unser Gespräch über das Exil war anschaulich und lebendig gewesen bis in letzte Details; durch die Nachkriegszeit eilten wir jedoch in immer größeren Schritten. Sebastian Haffner war müde, der Rückblick auf ein langes Leben hatte ihn erschöpft, und mir wurde klar, daß ich mich bald verabschieden mußte. Die Aufzeichnung dieses Gesprächs hat dann ihre eigene Geschichte erlebt: Lange schlummerte sie in den Kellern der Münchner Universität, bis Uwe Soukup bei den Recherchen zu seiner Haffner-Biographie im Frühjahr 2001 darauf aufmerksam wurde. So bat ich ihn um das Nachwort zu diesem Band, in dem er erläutert, welche entscheidende Rolle die Exiljahre im Leben und Schreiben von Sebastian Haffner gespielt haben. Als dann im Spätsommer 2001 durch Fälschungsvorwürfe Haffners »Geschichte eines Deutschen« in ein ganz zweifelhaftes Licht gestellt wurde, bekam unser damaliges Gespräch Leseprobe

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